Pünktlich war er vor Ort und pünktlich begann der Vortrag: Dr. Peter Modler sprach im fast schon übervoll besetzten Arbeits(t)raum in München-Giesing zum Thema: „Die freundliche Feindin“. Untertitel: Was Frauen anderen Frauen am Arbeitsplatz antun können und wie frau das überlebt.
Dr. Peter Modler führte zunächst in die Aggressionslandschaft ein, in der Konflikte in Unternehmen stattfinden. Sie setzt sich aus zwei Systemen zusammen: Im vertikalen geht es vor allem um Rang und Revier, während im horizontalen Zugehörigkeit und inhaltliches Interesse im Vordergrund stehen. Das vertikale System ist mehrheitlich von Männern besetzt, wenngleich es auch Frauen gibt, die sich entsprechend verhalten. Hier wird zunächst abgesteckt, wer wo steht und welche Macht hat, erst dann geht es um inhaltliche Dinge.
Im vertikalen System treten hauptsächlich situative Konflikte auf, die Eskalation verläuft über drei Stufen:
- High Talk: Hier wird verbal und intellektuell kommuniziert, es geht um Wissen und Information.
- Basic Talk: Auf dieser Stufe wird verbal und nicht intellektuell kommuniziert, Smalltalk über Privates und Oberflächliches.
- Move Talk: Körpersprache, alles wird über Mimik und Gestik geregelt.
Hier gilt: Angriffe lassen sich nur auf der gleichen Ebene oder der darüber abwehren. Was ausgetragen wurde, ist auch erledigt.
Im horizontalen System sind Konflikte relational angelegt. Es wird indirekt gehandelt, alles, was zur Sprache kommt, abgestritten. Vieles läuft im Verborgenen ab. Fünf Stufen lassen sich erkennen:
- High Talk: Gerüchte in die Welt setzen, schlecht über andere sprechen.
- Fake High Talk: demonstrativer Abbruch der Kommunikation.
- Politik der Nadelstiche: kleinere Aktionen, die anderen „wehtun“.
- Minustalk: für andere nicht erkennbar.
- Kill Talk: massive Gerüchte und Aktionen gegenüber Vorgesetzten und auch nach außerhalb, etwa gegenüber Kunden.
Interessant ist: Wer mehr im vertikalen System verhaftet ist, kriegt meist gar nicht mit, was im horizontalen System bis Stufe drei abläuft. Tatächlich bewegen sich vorrangig Frauen im horizontalen System und so laufen Konflikte unter ihnen häufig auf diese Weise ab. Wer davon betroffen ist, sollte möglichst frühzeitig handeln. Ansatz für eine Lösung: für mehr Souveränität sorgen, um stärkeren Rückhalt im Unternehmen sowie außerhalb zu haben. Es geht darum, nicht mehr ausgeschlossen zu werden, sondern sich aktiv „einzuschließen“, sich also tief zu verankern. Ab einer gewissen Eskalationsstufe drohen Burnout und andere Erkrankungen. Hier kann auch der Ausstieg eine Lösung sein.
Dr. Peter Modler sprach von der wechselseitigen Naivität der Systeme, was er anhand einiger Beispiele aus dem Arbeitsalltag in Form von kleinen Rollenspielen mit Zuhörerinnen verdeutlichte. Wer voll und ganz in dem einen System zuhause ist, erkennt häufig nicht, was sonst noch in seiner Umgebung abläuft. Sie oder er kommt gar nicht auf die Idee, das eigene Verhalten zu hinterfragen und sich in das andere System einzuarbeiten.
Dieser Vortrag war begleitet von Lachern, Erstaunen, sorgte für viele Aha-Erlebnisse und verdeutlichte, was wir wohl oft ahnen: Es gibt Situationen, in denen wir uns mit unserem Gegenüber einfach nicht in der gleichen Welt befinden. Am besten hat es, wer sich in beiden Systemen flexibel bewegen und beide Sprachen sprechen kann.
Der Referent: Dr. Peter Modler (61), langjährige Führungspraxis als Manager und Unternehmer. Seit 1998 Unternehmensberater mit Schwerpunkt Sanierungen und Coaching. Lehraufträge an der Universität Freiburg im Breisgau, Bestseller-Autor. Mehr Infos unter www.drmodler.de
Bericht: Cornelia Rüping, www.wort-in-form.de
Fotos: Elisabeth Pfahler-Scharf, die-emotionsfotografin.de