Dana Geissler lieferte den Webgrrls mit ihrem inspirierenden und humorvollen Vortrag jede Menge Impulse zur Stimme. Sie ist Schauspielerin, Sprecherin und Trainerin – und davon überzeugt: Eine gute Stimme ist nicht gottgegeben, sondern das Ergebnis von gutem Training.
Dana war jahrelang als Kameratrainerin an verschiedenen Schauspielschulen tätig, arbeitet seit über 15 Jahren als Präsentations- und Statustrainerin für große Unternehmen und coacht hochrangige Unternehmer und Führungskräfte in Einzelcoachings. Zudem ist sie eine vielbeschäftigte Sprecherin, die mit Leidenschaft Hörbücher, Dokumentationen sowie Film- und TV Synchronrollen einspricht.
Stimme und Wirkung
Stimme zeigt Stimmung: Am Telefon zum Beispiel machen wir uns aufgrund unserer Stimmwahrnehmung eine Vorstellung von unserem Gegenüber, wenn wir die Person nicht kennen. Oft stimmt die Vorstellung allerdings nicht mit der Wirklichkeit überein.
Insgesamt gilt: Wer überzeugend reden möchte, sollte den persönlichen Brustton der Überzeugung finden. Während eine hohe Stimme und schnelles Reden für einen niedrigen Status stehen, symbolisiert eine tiefe angenehme Stimme einen hohen Status. Da Frauen meist mit hoher Stimme reden, werden sie häufig nicht ausreichend ernst genommen.
Erstaunlich ist: In der Pubertät senkt sich bei Mädchen wie bei Jungen durch körperliche Veränderungen die Stimmlage um bis zu eine Oktave. Während das Umfeld Jungen mit einer tiefen Stimme normalerweise bestärkt, wird eine tiefe Stimme bei Mädchen nicht gefördert, oft sogar getadelt. Eine tiefe weibliche Stimme wirkt auf manche Menschen mitunter verrucht oder zu ernst. Viele Frauen – und auch Männer – kennen schlicht ihre tiefe Stimme gar nicht.
Resonanzräume beim Sprechen
Unser Körper stellt uns verschiedenen Resonanzräume zur Verfügung. Die bevorzugten Töne beim Sprechen bilden wir
- im oberen Kopf: hohe Kopfstimme,
- im Mundraum (die „Maske“): tiefere Kopfstimme (Sprechstimme),
- im Brustraum: Bruststimme.
Wenn wir uns unsere Resonanzräume bewusst machen, können wir die Stimmhöhe beeinflussen – und so den Brustton der Überzeugung erreichen. Eine natürlich und lebendig wirkende Stimme variiert in der Höhe. Auch die Mimik beeinflusst unsere Stimme und das, was sie vermittelt. So ist es beispielsweise nicht möglich, mit einem ernsten Gesicht lächelnd zu klingen.
Übungen fürs bewusste Sprechen
Dana stellt einige praktische Übungen vor, die auf dem Weg zur bewussten Stimme hilfreich sein können.
Aufwärmtraining für deutlicheres Sprechen: Die Zunge wecken und mit ihr zehnmal in jede Richtung an den Zahnaußenseiten entlangfahren.
Mimik aktivieren: Gesicht abklopfen, Grimassen machen, Lippen weit aufmachen, Gähnen.
Stimme schmieren: den Buchstaben Ü tönen und dabei fließend die Tonhöhe von hoch nach tief und zurück variieren.
Glocken-Übung: Der Buchstabe D wird im Kopf gebildet, dagegen ist das W ein im Bauch gebildeter Presslaut. Beim Tönen in der Bruststimme entsteht ein leichtes Vibrieren in der Brust, das sich mit der Hand erspüren lässt. Durch das Stützen von Tönen im Zwerchfell können Töne der Kopfstimme besser gehalten werden. Die Resonanzplätze (gedacht als Glocken, schmale Form oben, breite Form unten) können wir uns durch das Tönen mit passenden Wörtern bewusst machen:
- Ding: hohe Kopfstimme,
- Deng: tiefere Kopfstimme.
- Dang: Bruststimme und
- Dong: Bauchstimme.
„Mhmm“ ist ein guter Laut, um einfach und unauffällig in die Bruststimme zu gelangen. Aus diesem heraus kann sich der Brustton verfestigen, zum Beispiel indem auf die (gedachte) Frage „Geht’s dir gut?“ mit „Mhm, mir geht’s gut“ geantwortet wird. So fällt es leichter, in der Bruststimme weiterzusprechen.
Wer viele „Ähms“ verwendet, sollte versuchen, stattdessen eine kleine Pause einzulegen. „Ähms“ sind immer Denkpausen. Auch andere Füllwörter (sogenannte Weichmacher in unserer Sprache) gilt es zu vermeiden. Besser ist es, eine bewusste Pause zu machen, in der wir auch die Möglichkeit haben, unsere Stimmhöhe zu korrigieren, um in den Brustton zurückzukehren.
Gute Präsenz online
Dana gab im Lauf des Vortrags zusätzlich sehr wertvolle Tipps für, um online die persönliche Präsenz zu stärken:
- Mit den Augen die Kamera zu fixieren und dadurch den Zuhörern in die Augen zu schauen ist ein Muss. Das bedeutet für die Rednerin, dass sie mit den Zuhörenden vor allem über das eigene Zuhören kommuniziert und nicht oft auf den Bildschirm sieht. Zudem trägt der Fokus auf die Kamera dazu bei, ohne Ablenkung am Bildschirm ruhig vortragen zu können.
- Das Mikro nicht direkt vor den Lippen positionieren, da die starke Ausatmung bei manchen Buchstaben (zum Beispiel P) akustische Probleme machen kann.
- Es muss nicht laut gesprochen werden, das Mikrofon ist ja meist nicht weit weg vom Gesicht.
- Bewusstes Sitzen, angelehnt an die Haltung „der ersten Geige“ im Orchester, erlaubt uns, eine dauerhaft stabile und selbstbewusste, aber auch flexible Haltung einzunehmen. Das geht so: breitbeinig auf dem vorderen Drittel eines normalen Stuhls sitzen und den Oberkörper mit nach leicht vorne gedrücktem Brustbein aufrichten. Die Hände liegen auf den Oberschenkeln, um zu viele Gesten mit den Händen zu vermeiden. Achtung: Wer einen Schreibtischstuhl mit Rollen wählt, bewegt sich meist zu viel.
- Die Kamera liebt Ruhe. Je weniger wir uns bewegen und zappeln, desto souveräner kommen wir rüber. Zudem findet die Webcam bei gestenreichem Sprechen den scharf zu stellenden Bereich nicht und es kann ein komplett unscharfes Bild entstehen.
- Wer den sichtbaren Ausschnitt am Bildschirm optimal wählt, überzeugt besonders durch eine gute Körperwahrnehmung: Eine Handbreit Platz über dem Kopf lassen, knapp unterhalb der Brust endet der Ausschnitt.
Wer regelmäßig übt und diese Anregungen bewusst umsetzt, der kann wie Dana Geissler zum Schluss des Vortrags überzeugt sagen: „Meine Stimme sitzt, und zwar in der Brust.“ Und weil sie diesen Satz im Brustton der Überzeugung spricht, kommt kein Zweifel auf, dass sie sehr genau weiß, wovon sie spricht.
Die Referentin
Dana Geissler ist Schauspielerin, Sprecherin und Trainerin. 1983 startete sie ihre vierjährige Schauspielausbildung am berühmten Max-Reinhardt-Seminar in Wien, man kennt sie aus diversen Film- und Fernsehproduktionen wie „Die Wache“, „Rosamunde Pilcher“, „Tatort“, „SOKO Köln“ oder „Um Himmels Willen“. Als Sprecherin war sie an zahlreichen Hörbüchern beteiligt, darunter „Flow@Work“ und „Reifeprüfung 2.0“, zudem an zahlreichen Kino- und TV-Synchronisationen und -Dokumentationen. Sie gibt als Businesscoach und Trainerin regelmäßig Seminare zu Körpersprache, Stimme, Wirkung, Status und Image, auch bereitet sie in Einzelcoachings on- und offline Menschen auf mediale, berufliche und öffentliche Auftritte vor. Vorstände, Führungskräfte und Mitarbeiter von namhaften Unternehmen begleitet sie in Fragen persönlicher Führungskompetenz und Konfliktfähigkeit. 2020 gründete sie zusammen mit Peter Grünheid die Agentur actors4business.com.
Mehr unter:
www.actors4business.com
www.dana-geissler.de
Text: Martina Streble, www.edition-helden.de
Fotos: Mandy Ahlendorf, www.ahlendorf-communication.com