Heldin? Ich sicher nicht! So denken viele, wenn sie den Begriff „Zivilcourage“ hören. Uns fallen eher Menschen ein, die unglaublich mutig sind und mit ihrem Einsatz ihre Gesundheit oder gar ihr Leben aufs Spiel setzen. Oder Superhelden wie Batman und Co., die besondere Fähigkeiten haben.
Heike Mais erinnerte uns mit ihrem Vortrag daran, dass jeder Mensch Zivilcourage zeigen kann, auch wenn er keine Superkräfte hat. Wir in der Webgrrls-Runde benannten beispielsweise Alltagshelden: Menschen in der Pflege. Diejenigen, die stets beherzt handeln und sich kümmern. Menschen, die super positiv bleiben, auch wenn in ihrer Umgebung negative Stimmung vorherrscht. Klinikclowns. Die Athleten bei den Paralympics.
Darum gehe es aber gar nicht, sagte Heike. Zivilcourage ist keine Heldenreise, sondern es sind kleine Schritte, die dazu beitragen, dass wir als Gesellschaft gut miteinander auskommen. Keine angeborene Eigenschaft, sondern eine Kompetenz, die sich trainieren lässt wie ein Hürdenlauf. Jeder hat eigene Hürden zu überwinden, beispielsweise Ängste, die einen daran hindern einzugreifen, wenn andere in Not sind.
Zivilcourage für alle
Hier setzt der Verein Zivilcourage für ALLE an. Grundlage seiner Arbeit ist ein Training, dass an der LMU entwickelt wurde und aufzeigt, wie jede:r Unterstützung leisten kann, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Ein Schwerpunkt dabei ist, den sogenannten Bystander-Effekt zu kennen und zu umgehen: Viele Menschen sind anwesend, aber niemand greift ein. Fünf Hürden halten uns davon ab zu handeln. Wer sie kennt, kann sie überspringen.
- Ich hab es eilig oder bin abgelenkt und bemerke das kritische Ereignis erst gar nicht.
- Ich beobachte die anderen. Keiner macht etwas, dann muss ich auch nichts tun.
- Je mehr Zuschauer dabei sind, desto weniger eigene Verantwortung verspüre ich.
- Ich weiß nicht, was ich tun und wie ich meine Ängste überwinden kann.
- Würde ich überhaupt das Richtige machen? Und was wären eventuelle Konsequenzen für mich?
Training, um im Ernstfall reagieren zu können
Hier kommt der Trainingseffekt ins Spiel. Nichts zu tun sei keine Option, sagte Heike, ein bisschen was geht immer. Wichtig ist, sich im Vorfeld auf brenzlige Situationen vorzubereiten. Wenn es dann soweit ist, fällt das Eingreifen und Aktivwerden leichter. So kann es zum Beispiel hilfreich sein, die eigene Wahrnehmung und Achtsamkeit zu trainieren, um zu erkennen, wann es kritisch wird – oder um vielleicht später als Zeugin auszusagen. Auch selbstsicheres, starkes Auftreten oder das Finden kreative Lösungsansätze lässt sich üben.
Kleine Schritte, große Wirkung
Am Schluss trugen wir in der Runde viele weitere kleine Schritte zusammen, was jede:r Einzelne tun kann. Und wie es möglich ist, sich vorzubereiten, ohne in eine ständige Wachsamkeit zu gleiten. Jede:r kann für sich überlegen, was im eigenen Rahmen machbar ist. Denn am Ende gehe es darum, sagte Heike, darauf zu vertrauen, dass der Kreis von Menschen wächst, die wissen, was zu tun ist, und Zivilcourage aufbringen. Und sie legte uns ans Herz, ein Training bei Zivilcourage für ALLE e.V. mitzumachen, wenn wir uns weiter mit dem Thema beschäftigen wollen. Ein schöner Beitrag für eine Gesellschaft mit mehr Miteinander! Und sie wies auf einen Termin hin: Am 2. Oktober 2024 findet die Lange Nacht der Demokratie im Fat Cat (ehemals Gasteig) statt.
Die Referentin
Heike Mais ist Systemischer (Business)Coach mit und aus Leidenschaft. Lebenslanges Lernen ist ihre Maxime, Diversität in Teams ihr Herzensthema. Heike begleitet Menschen in Veränderungsprozessen, schärft mit ihren Kunden gemeinsam das Ziel und unterstützt bei der ganz individuellen Lösungsfindung. Immer im Fokus: neue Ideen erfolgreich umsetzen und Entwicklungsprozesse initiieren mit Einzelpersonen und in Teams – mit Herz, Verstand und Humor. Heike ist seit 2019 bei den Webgrrls Bayern und betreut dort seit 2020 das Mentoring-Programm. Seit 2021 ist sie als Trainerin für Zivilcourage und ehrenamtliche Mitarbeiterin in der Trainingskonzeption bei Zivilcourage für ALLE e.V. aktiv.
Mehr:
www.loesungssprung.de
www.linkedin.com/in/heike-mais-505a13101
Bericht: Esther Debus-Gregor, www.edyssee.de