„Achtsamkeit im Netz – zwischen Digital Detox und Reizüberflutung“, so lautete der Titel des Vortrags von Dr. Silvia Knittl, den sie für die Webgrrls vorbereitet hatte und der im Rahmen der MUCDigital 2019 stattfand. Sie unterstützt als Senior Managerin bei der PwC GmbH WPG ihre Kunden im Bereich Cyber Security/Identity and Access Management und weiß um die Gefahren, die in der digitalen Welt lauern – und sie weiß auch, wie wir persönlich mit ihnen umgehen können.
Zunächst ging Silvia auf einige Begriffe ein, die eine Rolle spielen, wenn es um die persönliche Sicherheit im Netz geht, zum Beispiel erklärte sie den Unterschied zwischen Identität, I, Me und digitaler Identität. Damit leitete sie zu den vier Ebenen über, auf denen ihre Betrachtungen basierten und die dem Buddhismus entlehnt sind:
- Körper
- Gefühle
- Geist
- Geistesobjekte
Ihre Idee: Achtsamkeit auf diesen vier Ebenen kann dazu beitragen, einen ausgewogeneren Zustand zu erreichen. Wer achtsam ist und handelt, reduziert Stress und stärkt das Gefühl für sich selbst und die eigene Identität. Damit schützen wir uns vor der Reizüberflutung, kümmern uns besser um uns selbst und fühlen uns weniger ausgeliefert.
Silvia beschrieb dann, welche Faktoren auf den vier Ebenen wirken können. Hier eine Auswahl:
- Körper: Angriffe auf den Gesundheitssektor (Cyber-Attacken), cyberphysische Systeme, Bewegungsmangel, Ausfälle bei Fahrsystemen, Gesichtserkennung, Bildschirmnutzung, künstliches Licht.
- Gefühle: Hass, Bedrohungen auf persönlicher Ebene, „Doxing“, Cyberstalking, Angst, Cybermobbing, sozialer Druck, „fear of missing out“.
- Geist: mentale Auswirkungen der Abhängigkeit etwa von Social Media (Likes), gestörte Konzentration, Abgelenkt sein, Folgen des Einsatzes süchtigmachender Designs bei Software.
- Geistesobjekte: Jeder Mensch kann digital seine eigene Welt erschaffen – bewusst oder unbewusst. Vorurteile, Fake News, „Filterblase“, Identitätsdiebstahl, künstliche Intelligenz, Deep Fake, Polarisierung, Data Broker, der „gläserne Kunde“.
Die umfangreichen Wortmeldungen aus dem Publikum zeigten, wie vielfältig die Erfahrungen sind und welch starke Eindrücke sie oft hinterlassen. Ja, die digitale Welt ist uns zum Teil (noch) fremd, wir nutzen ihre Möglichkeiten, verschließen aber manches Mal die Augen davor, was andere an unserem Nutzerverhalten ablesen und mit unseren Daten anstellen können.
Nun war es an der Zeit zu erfahren, was jede Einzelne tun kann, um sich möglichst gut zu schützen und achtsam im Netz zu bewegen. Auch dabei bezog sich Silvia auf die vier Ebenen und nannte einige Beispiele, was wir konkret tun können.
- Körper: CE-Kennzeichen bei Geräten, den Arbeitsplatz optimieren, gute Lichtquellen, regelmäßige Sicherheitsupdates, Bewegung.
- Gefühle: Verstöße melden (bei den Anbietern), sich über gesetzliche Regelungen informieren, wichtige Daten auf externer Festplatte speichern, Echtheit von Posts hinterfragen, Konzentration auf das reale Ich und auf Freunde in der „analogen Welt“, Schutz vor Ransomware.
- Geist: Zeiten und Orte ohne Smartphone oder Tablet, Meditations-App, Abschalten, online-freie Zeit.
- Geistesobjekte: Datenschutz beachten, partielle Identitäten nutzen, in der Anonymität bleiben, wo es geht, lange Passwörter (20 bis 25 Zeichen).
Ohne Panikmache und mit der gebotenen Sachlichkeit machte Silvia uns bewusst, dass der Umgang mit der digitalen Welt und all ihren Möglichkeiten von uns Achtsamkeit erfordert. Nur so können wir eventuelle Gefahren erkennen, ihnen aktiv begegnen und selbstbestimmt in der digitalen Welt unterwegs sein.
Die Referentin
Dr. Silvia Knittl ist Senior Managerin bei der PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Bereich Cyber Security/Identity and Access Management. Sie unterstützt ihre Kunden beim Design und bei der Umsetzung sicherer IT-Lösungen. An der Ludwig-Maximilians-Universität München studierte sie Informatik und an der Technischen Universität München promovierte sie in diesem Fachbereich. Sie ist aktives Webgrrl und unterstützt bei CyberMentor die Initiative MINT für Mädchen.
Mehr zur Initiative: www.cybermentor.de
Mehr zur Referentin: www.xing.com
Bericht: Cornelia Rüping, www.traum-vom-buch.de
Fotos: Elisabeth Pfahler-Scharf, die-emotionsfotografin.de