Nachbericht Doris Schuppe: Holokratische Konzepte in Organisationen – Es lebe der Kreis!

Doris Schuppe, die komplexe Dinge gerne einfach erklärt und Coworking lebt, sprach bei den Webgrrls: Am 25. Oktober 2023 brachte sie uns das Konzept der Holokratie näher und wir erfuhren, was es mit Selbstorganisation in der Arbeitswelt auf sich hat. Sie selbst konnte Erfahrungen bei der German Coworking Federation im Ehrenamt sammeln und hat sich mit dem Thema intensiv auseinandergesetzt.

Zunächst las Doris etwas aus ihrem Business-Roman „Heiter bis wolkig in Digitalien“ vor. Die Passage diente als Einstieg in ihren Vortrag und bezog sich auf ein Beispiel aus der häuslichen Pflege. Darin war von einem Pflegedienst die Rede, der als perfektes System funktionierte, geprägt vom Effizienzgedanken, einer optimalen Zeitzuordnung und ausgeklügelten Einsatzplänen – allerdings waren die Mitarbeitenden dort sehr unzufrieden. Gegenbeispiel dazu war ein Pflegedienst, der ganz ohne Management und Teamleitung auskam. Die Mitarbeitenden organisierten sich, die Teams und ihre Aufgaben selbst – die Resonanz bei ihnen und den Kunden fiel sehr positiv aus. Was genau machte den Unterschied?

Von Holokratie, Soziokratie und Selbstorganisation

Schon um 1850 herum entstanden erste Ideen, andere Organisationsmodelle in Unternehmen zu etablieren als die übliche Pyramidenstruktur. Seit 2015 gibt es dazu ein Regelwerk, das in der Praxis dabei unterstützen kann, Selbstorganisation und rollenbasiertes Arbeiten einzuführen. Zusammenfassen lässt sich die Idee dahinter laut Doris so: „Sag Adieu zu Hierarchien sowie Stellenbezeichnungen und ersetze diese durch eine Formalstruktur, die sich ganz auf die Erledigung der Aufgaben konzentriert.“

Es lebe der Kreis!

In einer Kreisorganisation gibt es also keine Hierarchien. Die gesamte Organisation, Kernaufgaben, Themen und die Administration sowie die einzelnen Rollen werden als Kreise dargestellt, die sich zwar berühren, aber nicht überschneiden. So ist jeder Bereich klar umrissen und er wird komplett einer Rolle zugewiesen. Die Person(en) in dieser Rolle können den übernommenen Bereich alleine bewältigen. Gebildet werden die Kreise von Ebene zu Ebene, von einem größeren Bereich hin zu kleineren Teilbereichen. Während Positionen in Unternehmen starr sind und häufig von einer Person (in Vollzeit) ausgefüllt werden, wird bei den Rollen vom Bedarf her gedacht. Sie sind flexibel angelegt und können unterschiedlich intensiv ausgefüllt werden.

Voraussetzungen und Rahmenbedingungen

Grundlagen für das holokratisch angelegte Arbeiten sind Vertrauen, Spielregeln (zum Beispiel eine Holocracy-Verfassung) und Purpose. Die Entscheidungen in den Rollen folgen dem Zweck der Aufgabe dahinter und beruhen auf Erfahrung, Wissen und Selbstbewusstsein. Der Purpose gibt also die Aufgaben vor, die Rolle weiß, was zu tun ist. Spielregeln können zum Beispiel für Meetings gelten und sich auf die Teilnehmenden, den Ablauf und die Rahmenbedingungen beziehen.

Zu den Herausforderungen bei der Umsetzung von Holokratie zählen diese:

  • Die gängigen Hierarchiegedanken ablegen
  • Für Transparenz der Rollen sorgen
  • Angst von dem Neuen und den Regeln nehmen
  • Aufdröseln der Aufgaben
  • Eigenständigkeit durch Anleiten und Üben stärken
  • Selbstvertrauen und Mut fördern
  • Mitnehmen aller in der Organisation
  • Vermittlung des Regelwerks in angemessener Zeit

Als Vorteile der Kreisorganisation gelten:

  • Zeitersparnis, da ohne Rückfragen entschieden wird
  • Leichteres Priorisieren
  • Ordnung dank Holocracy-Verfassung
  • Kürzere Meetings
  • Transparenz bei den Aufgaben
  • Kurze schriftliche Reports zur Information
  • Klarheit über Aufgaben und Zeitinvest

Reger Austausch als Abschluss

Doris brachte ihre eigenen Erfahrungen ein und das, was sie in anderen Organisationen erlebt hat, der Praxisbezug war also klar gegeben. In der ausgiebigen Fragerunde zum Ende des Abends kamen wir dann auch ganz unterschiedliche Themen auf: Wie lange dauert die Umsetzung der Kreisorganisation? Was ist, wenn Menschen in ihren Führungsrollen verhaftet bleiben? Welche Themen ergeben sich immer wieder? Welche Schwierigkeiten treten auf? Danke, Doris, für einen interessanten Abend mit vielfältigsten Facetten von New Work und zur Frage, wie wir in Zukunft arbeiten wollen.

BONUS: Doris stellt uns ihre Folien zum Vortrag als PDF zur Verfügung. Darin finden sich Tipps und Literaturhinweise zur Umsetzung und Bedeutung holokratischer Konzepte.

Die Referentin

Doris Schuppe gestaltet nachhaltige und ansprechende Online-Events für ihre Kund:innen und identifiziert mit Soloselbstständigen und Start-ups deren inhaltlichen Fokus, Kernbotschaften und passende Formate für die B2B-Kommunikation. Sie selbst bezeichnet sich als New-Work-Catalyst, Online-Event-Superhero und Pitch-Deck-Queen. Komplexe Dinge einfach zu erklären – das ist ihr Ding und liegt ihr im Blut. Gerne räumt sie auf mit Vorbehalten gegenüber „Digitalien“, wie sie alles rund um modernste Technik und Zukunftsideen in diesem Bereich nennt. So trägt sie dazu bei, die erforderlichen Kompetenzen zum Mitgestalten von Online-Collaboration und New Work aufzubauen – in ihrer Funktion als Bloggerin, Coworking-Host oder Consultant. Doris Schuppe lebt auf Mallorca und betreibt dort den gemütlichen Coworking- und Workation-Space Rayaworx, einen der besten Orte für „relax & work“. Mitte April erschien ihr Businessroman „Heiter bis wolkig in Digitalien“.

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Text: Conny Rüping, traum-vom-buch.de
Fotos: Jessica Leicher, www.jessica-leicher.de